Wien Museum-Paschka_Robicsek_Liebermann

PASCHKA - ROBICSEK - LIEBERMANN


Diese drei Firmen sind, mit M. Paschka beginnend, ineinander übergegangen. Ein einziges Stück aus Paschkas schmaler Wiener Hinterlassenschaft konnte glücklicherweise gerettet werden. Die urbane Präsenz steht zumindest in Österreich in starkem Kontrast zur kontinuierlichen Werbetätigkeit. Mit Leopold Robicsek hatte das Trio eine starke Mitte, der Abgang über Jakob Liebermann war schnell und unspektakulär.


Der Start in die mediale Öffentlichkeit war für den Schlossermeister Moriz Paschka kein erfreulicher. In der jüdischen Zeitung "Die Neuzeit", einer "Wochenschrift für politische, religiöse und Cultur-Interessen" wird im November 1866 sein 15 Monate alter Sohn Carl als verstorben an Gehirnhautentzündung gemeldet.

1866_11_02_Paschka_Verstorben_Zur Wiener Lokalstatistik_Die Neuzeit_Seite 10 Die Säuglingssterblichkeit in dieser Zeit war sehr hoch, fast ein Viertel der Neugeborenen erlebte nicht den ersten Geburtstag. Mit drei verbleibenden Söhnen bestätigten Josephine und Moriz Moses Paschka traurigerweise diese Statistik. Adresse war die Theresiengasse ? ? ? in der Leopoldstadt, über deren Verlauf momentan noch nichts bekannt ist.

Einige Jahre später, die Wiener Weltausstellung war gerade warmgelaufen, wird er im Rahmen einer längeren Betrachtung "vom Eisen, was man daraus macht und was man daraus machen kann", lobend erwähnt."Sehr nahe an den Leistungen der Vorgenannten steht der tüchtige Bauschlosser M. Paschka mit seinem schön gezeichneten Thürgitter in Frührenaissance. Vorzüglich gelungen in der Feilarbeit sind die plastischen Laubornamente daran und es läßt diese Arbeit ermessen, welch' Großes durch solche talentvolle Elemente zu erreichen wäre. Weniger in der Zeichnung sind Thürgriff und Schlossplatte gelungen." 1873_06_27_Paschka_Weltausstellung_Betrachtungen über das Eisen_Neues Wiener Tagblatt_Seite 19_01 Keine zwei Wochen später wirbt er schon für "Rouleaux-Verschluß-Balken aus gewelltem Stahlblech" und ist damit dem späteren Platzhirsch E. S. Rosenthal um mehr als eine Nasenlänge voraus. Standort ist die Nestroygasse 6, an dem die Paschkas bis zum Ende ihrer Wiener Zeit ansässig sind. 1873_07_06_Paschka_Werbung_Nestroygasse_Tagespost Graz_Seite 10 Die Anzeigen sind meist recht einfach gehalten, neben Wien werden Graz, Laibach, in weiterer Folge auch Prag und Budapest beworben.

Laibach steht dabei sogar Kopf

1873_08_16_Paschka Werbung_Laibacher Tagblatt_Seite 4

Anfang des Jahres 1874 erhält Paschka ein Privileg "auf eine verbesserte Construction der Rouleaux-Verschlüsse"

1874_01_23_Paschka_Privilegium_Rouleauxverschluss_Wiener Zeitung_Seite 19 und erst zwei Wochen später wird er im Handelsregister als Einzelfirma protokolliert. 1874_02_06_Paschka_Eintragung im Register für Einzelfirmen_Neue Freie PResse_Seite 10

Ein gutes Jahr danach veröffentlicht "Das Vaterland" unter "Fallimentsnachrichten" die Eröffnung des Konkursverfahrens über "das Vermögen des M. Paschka, [...], Lilienbrunngasse 6." Masseverwalter war ein Notar Reich. 1875_04_22_Paschka_Concurs_Das Vaterland_Seite 3

"Die Presse" desselben Tages vermeldet Dr. Josef Schröpf als Masseverwalter und schmückt die Notiz mit so schönen Wortschöpfungen wie Wahltagsatzung und "Liquidirungstagfahrt". Herrn Paschka war nur zu wünschen, dass er mit einem seiner Masseverwalter einen glücklichen Griff getätigt hatte. 1875_04_22_Paschka_Concurs_Masseverwalter Dr. Schröpf_Die PResse_Seite 12

M. und Moriz Paschkas gab es nicht sehr viele, noch weniger waren Schlosser, also dürfte die Konkurmeldung schon auf das Objekt dieser Recherche zutreffen. Irritierend ist die Adresse Lilienbrunngasse 6, war unserer doch immer in der Nestroygasse tätig. Zwei Häuser weiter haben übrigens zu dieser Zeit Josef und Charles Max Rosenthal ihre ersten Geschäfte getätigt, heute lautet die Anschrift überhaupt 6 - 12. Schon wenige Tage später wird auch dieses Rätsel gelöst. In der Nestroygasse 6 war die Werkstatt, in der Lilienbrunngasse die Wohnung.

1875_04_25_Paschka_Concurs_wohnhaft Lilienbrunngasse 6_Wiener ZEitung_Seite 16_02

Ein gutes Jahr später heißt es im Wiener Handelsblatt, dass "die Gläubiger an Stelle des bisherigen Masseverwalters Dr. Schröpf, den Advocaten Dr. Jacob Singer zum definit. Masserverw." gewählt haben. Ein Anselmo Wilhelm wird als einer der drei "Creditoren-Ausschüsse" genannt. 1875_05_05_Paschka_Concurs_Masseverwalter Dr. Schröpf_Anselmo Wilhelm Creditorenausschuss_Wiener Handelsblatt_Seite 2

Nach einer "Crida Inventur" 1876_01_14_Paschka_Crida Inventur_Die Presse_Seite 5 und einer Verlängerung des Privilegiums "auf die Dauer des dritten Jahres" 1876_02_23_Paschka_Privileg_Drittes Jahr_Wiener Zeitung_Seite 20 kann das "Fremden-Blatt" vom 29. Februar 1876 die Aufhebung des Konkursverfahrens melden. 1876_02_29_Paschka_Konkursaufhebung_Fremden-Blatt_Seite 10

Anselmo Wilhelm, einer der Hauptgläubiger, "leitete den Ausgleich zwischen Kridatar und Gläubigern"

1876_05_02_Paschka_Wilhelm Hauptgläubiger_doppelt abgerechnete Schlüssel_Illustrirtes Wiener Extrablatt_Seite 5 und am 13. April 1877 meldet ihn die "Neue Freie Presse" als neuer "Firma-Inhaber". 1877_04_13_Paschka_Inhaber Anselmo Wilhelm_Geschäftsrücklegung_Löschung_Neue Freie Presse_Seite 8

Firmenname und -standort bleiben gleich, der Werbeauftritt wird etwas aufgeputzt, einige Anzeigen lang empfiehlt der Vertreter Josef Herschl im Töplitz-Schönauer Anzeiger die "selbstrollenden Verschlussläden" aus Wien. 1880_02_28_Paschka_Herschl Vertreter in Teplitz_Teplitz-Schönauer Anzeiger_Seite 13

Im Gegensatz zu E. S. Rosenthal wirbt man mit "bestem steirischen Material." 1879_03_18_Paschka_Werbung Steirischer Stahl_Neue Freie PResse_Seite 14, die Geräuschlosigkeit meldet sich bei Glückselig & Co. für Prag leise zu Wort. 1881_08_10_Werbung_Paschka_geräuschlos_Glückselig_PragerTagblatt_Seite 13

Julius - der Überraschende - eine Zierde für Minderbemittelte

Das "J" anstelle des "M" könnte man glatt übersehen oder als Fehler durchgehen lassen, doch Anfang des Jahres 1883 tritt Julius Paschka mit "Glasmalerei-Imitationen" ins Familiengeschäft ein. Lt. Todesanzeige zum Ableben des Vaters handelt es sich um den ältesten Sohn. Diese Imitationen werden beworben "für Wohnräume und Kirchen (später auch Synagogen) in stylgerechter, dauerhafter Ausführung."


Bevor wir unsere Phantasie zu sehr beanspruchen, lassen wir einen Zeitgenossen zu Wort kommen. Der Redakteur des Mährischen Tagblatts ist "gefesselt von der Pracht der farbigen Gläser und [...] bewundert die stylvollen Zeichnungen, die auf den farbigen Scheiben einen so beliebten und schönen Zimmerschmuck abgeben."

Ganz besonders hübsch ist die Erkenntnis, dass es "bisher nur dem besonders vom Glück Begünstigten" möglich war, damit sein Heim zu schmücken. "Die neue Erfindung des Herrn Julius Paschka [...] setzt auch die Minderbemittelten in die Lage, sich diese Fensterzierde zu beschaffen."

1883_06_14_Paschka Julius_Glasimitationen_Mährisches Tagblatt_Seite 5

Zusätzlich zu einer Privilegsverlängerung bekommt Moriz Paschka ein neues Patent auf "Verbesserungen an Rollläden zur Erzielung eines geräuschlosen Ganges." 1883_11_28_Paschka_Privileg_Geräuschlos_Erstes Jahr_Wiener Zeitung_Seite 17

Im Jahr darauf überrascht Julius mit einem Patent auf eine "Neuerung an Pflügen." Im Frühjahr 1885 wirbt er mit den "k. k. priv. Rollläden, geräuschlos nach neuem patentirten System." 1885_04_09_Werbung_Paschka_geräuschlos_Presse_Seite 12

und ein paar Tage später folgt der Eintrag als "Fabrik für landwirthschaftliche Maschinen und Eisen-Constructionen Julius Paschka." 1885_04_14_Paschka Julius_Eintragung als Einzelfirma_landwirthschaftliche Maschinen_Dioe PResse_Seite 7

Besonders schön wird dafür im Sommer 1885 geworben, die Rollbalken laufen wahrscheinlich unter "Eisenconstructionen." 1885_08_30_Paschka Julius_Austria-Pflüge_Wiener Allgemeine Zeitung_Seite 15


Und damit ist werbetechnisch erstmal Schluss mit der Firma Paschka, denn im März 1887 meldet Die Presse, dass bei der "Fabrik für landwirthschaftliche Maschinen und Eisenconstructionen Julius Pascka" der bisherige Firmeninhaber gelöscht wurde. Unter dem neuen Inhaber Leopold Robicsek heißt die Firma: "Paschka'sche Fabrik für landwirthschaftliche Maschinen und Eisenconstructionen Leop. Robicsek." Dass es auch "peppiger" geht, beweist er mit seiner ersten Werbung. 1887_08_21_Paschka_geräuschlos_NeuigkitsWeltBlatt_Seite 15

Das Privilegium auf geräuschlose Rollbalken wird Robicsek Ende November 1889 "mittelst Cession" übertragen, ab dann tritt Paschka nur noch in Budapest und dort sporadisch in Erscheinung. Ein Paschka Lajos utóda wirbt für "geräuschlose PATENT-ROLL-LAEDEN". Ludwig Paschkas Nachfolger dürfte das heißen und könnte mit dem mittleren Sohn übereinstimmen. Dann gibt es nur noch Kombinationen, Polivak & Paschka, Weinberger & Paschka und nach dem Ableben von Moriz Paschka am 26. 12. 1904 sperren die letzten davon, Paschka & Co. den Rollbalken 1908 in Budapest zu.